Potsdamer Fayence 

1739 gründete König Friedrich Wilhelm I. eine Fayence-Manufaktur in Potsdam. Eine erste Produktionsstätte hatte Kurfürst Friedrich Wilhelm 61 Jahre zuvor in Berlin mit niederländischen Fachleuten eingerichtet. Da die Gründungsurkunde für diese Manufaktur in Potsdam unterzeichnet worden war, ging die Forschung bis ins 20. Jahrhundert hinein davon aus, dass die erste Manufaktur an der Havel statt an der Spree angesiedelt war.

Abb. 1: Schüssel mit Vogel-Fels-Motiv

Es ist unter anderem dem Potsdamer Fayence-Spezialist Paul Heiland zu verdanken, dass dies ins rechte Licht gerückt wurde. Niederländische Einflüsse sind jedoch auch in der Potsdamer Produktion nicht zu übersehen. Bis sie hier anlangen konnten, legten sie einen weiten Weg zurück.

Die Bezeichnung „Fayence“ für weißglasierte, reich dekorierte Tonwaren stammt von der italienischen Stadt Faenza, die in der Frühen Neuzeit ein einflussreicher Umschlagplatz der ursprünglich aus dem Nahen Osten nach Europa importierten Gefäße war. Nördlich der Alpen wurden ab dem 16. Jahrhundert Produktionsstätten eingerichtet. Einen Aufschwung erhielten die Manufakturen mit dem Import von Porzellan durch die Niederländische Ostindien-Kompanie nach Europa. Das sogenannte „weiße Gold“ weckte bekanntlich Begehren, nur mit der Herstellung haperte es zunächst. Eine Möglichkeit, dem unerreichbar scheinenden Material wenigstens in Ansätzen nahe zu kommen, lag in der Verfeinerung des Dekors keramischer Erzeugnisse und einem guten Marketingkonzept vor allem der Delfter Fayencehersteller.

Zahlreiche Töpfer nannten sich „Porzellanbäcker“ und suggerierten damit Talent, das weit über das erwartete hinausging. In Delft hatte man zudem früh Varianten der blau-weißen Bemalung chinesischen Porzellans entwickelt. Ostasiatische Motive wurden in Vorlagenbüchern für Fayencemaler verbreitet und mit regionalen Charakteristika angereichert. Der Motivkatalog sah in lockere Gewänder gekleidete Figuren in bewaldeten, felsigen Landschaften mit Architekturelementen vor, ebenso beliebt waren rein florale Motive, darunter sogenannte „indianische Blumen“, stilisierte Lotusblätter und -blüten, aufgelockert durch den ein oder anderen Vogel, vorzugsweise einen Pfau oder Reiher mit elegant geschwungenem Hals (Abb. 1). Die Form der Gefäße orientierte sich sowohl an Alltagsbedürfnissen als auch am luxuriösen Geschmack wohlhabender Bürger*innen und des Adels.  

Abb.2: Plan von der Herrschaft Potsdam, Richard Hoffmann nach Samuel Suchodolec

Im letzten Viertel des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden im deutschsprachigen Raum Dutzende Fayence-Manufakturen nach niederländischen Vorbildern gegründet. 1678 stellte Kurfürst Friedrich Wilhelm Pieter Fransen van der Lee aus Delft in seine Dienste, um in Berlin eine Fayence-Manufaktur zu eröffnen. Der Vertrag wurde in Potsdam unterzeichnet, die Produktion sollte nahe dem „Thiergarten“ erfolgen. Einen solchen „Thiergarten“ gab es auch in Potsdam, die Karte von Samuel Suchodolec verzeichnet ihn südlich der Stadt, heute etwa in Höhe des Wissenschaftsparks Albert Einstein (Abb. 2). Weitere Dokumente, die eine frühe Potsdamer Produktion belegten, gab es nicht; die Objekte selbst verrieten kaum Näheres, da ein Großteil der Gefäße nicht gemarkt war. Erst mit der Auswertung der Berliner Kirchenbücher in den 1920er Jahren durch den Vorsitzenden der Vereinigung Brandenburgischer Museen Georg Mirow und Publikationen von Paul Heiland wurde der Beleg für Berlin als erste Fayence-Manufaktur der Region gefunden.

Potsdam begann tatsächlich erst über sechzig Jahre nach der Berliner Gründung mit der Herstellung von Fayencen. König Friedrich Wilhelm I. stellte dem in Berlin ausgebildeten Christian Friedrich Rewendt in der heutigen Friedrich-Ebert-Straße ein Haus für die Einrichtung einer Produktionsstätte zur Verfügung. 1768 verstarb Christian Rewendt, seine Söhne waren weniger geschickte Produzenten und Händler. Die Manufaktur ging bankrott, bis der aus Berlin stammende Stuckateur Constantin Sartori sie 1775 übernahm und zu neuer Blüte führte. Nach seinem Tod im Jahr 1800 wurden die Räumlichkeiten an zwei Steingutproduzenten veräußert. 

Überliefert sind in erster Linie balusterförmige Vasen, Walzenkrüge mit Zinnmontierung und Schüsseln. Die Produktpalette erfüllte mit großer Wahrscheinlichkeit jedoch alle Haushalts- und Tafelansprüche. Die Motive orientierten sich vor allem in der Anfangszeit an den Produkten der Manufaktur in Zerbst und Berlin, die wiederum niederländische Einflüsse verarbeiteten. Für Vasen sind in erster Linie Variationen chinoisen Dekors in blauen Nuancen zu nennen, ergänzt durch barocke Ornamentik. Die Gestaltung der Walzenkrüge orientierte sich an der wohl zunächst durch den Niederländer Cornelius Funcke in Berlin für die Fayence übernommenen Pilastergliederung (Abb. 3). Beliebt waren auch Wappen von Zünften oder Herrschaftshäusern (Abb.4). Die Übernahme der sogenannten „deutschen Blumen“ (Streu- und Wiesenblumen) aus der Meißner Manufaktur in die Fayence drang über Berlin auch nach Potsdam und wurde vor allem für sogenannte Potpourri-Vasen ein beliebtes Motiv (Abb. 5).

Das Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte bewahrt über 150 Fayencen in seiner Sammlung. Einen vollständigen Überblick bieten wir Ihnen hier.

– Dr. Uta Kumlehn, Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte

Titelbild und Abbildung 1: Schüssel mit Vogel-Fels-Motiv, vermutl. niederländisch, 1700–1750, Ton, glasiert, Inglasurmalerei, Potsdam Museum │ Foto: Holger Vonderlind 
Abbildung 2: Plan von der Herrschaft Potsdam, Richard Hoffmann nach Samuel Suchodolec, 1928 [1683], Feder, Wasserfarben, Potsdam Museum │ Foto: Michael Lüder 
Abbildung 3: Walzenkrug mit Pilastern, Manufaktur Lüdicke, Berlin, 1771–1773, Ton, Zinn, glasiert, Inglasurmalerei, Potsdam Musuem │ Foto: Holger Vonderlind 
Abbildung 4: Innungskrug der Potsdamer Maurer, Manufaktur Christian Rewendt, Potsdam, 1743, Ton, Zinn, glasiert, Inglasurmalerei, Potsdam Museum │ Foto: Holger Vonderlind 
Abbildung 5: Deckelvase mit floralem Dekor, Manufaktur Constantin Sartori, Potsdam, 1775–1800, Ton, glasiert, Inglasurmalerei, Inglasurmalerei, Potsdam Museum │ Foto: Holger Vonderlind