Oranierrondell und Holländischer Garten

Unterhalb der Bildergalerie im Östlichen Lustgarten befindet sich ein Rundplatz mit Fontänenbecken, umgeben von acht Marmorbüsten. Alle Dargestellten stehen in Verbindung mit der Familie Oranien-Nassau.  

Rechts vom mittleren Aufgang zur Bildergalerie blickt Luise Henriette (1627-1667), geborene Prinzessin von Oranien-Nassau und seit 1646 Kurfürstin von Brandenburg (1627-1667), zu ihrem Ehemann auf der anderen Seite, den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1620-1688). Auf dieser Verbindung beruht das verwandtschaftliche Verhältnis der brandenburgischen Hohenzollern mit den Oraniern. Ihr Sohn, der spätere König Friedrich I. in Preußen, erhielt als erster Hohenzoller den Titel „Prinz von Oranien“. Nach dem Tod des kinderlosen Statthalters Wilhelm III. von Oranien (1650-1702) sicherte er sich einen Teil des Erbes, wovon noch die Rede sein wird.  

Kurfürstin Louise Henriette von Brandenburg │ Foto: SPSG, Michael Rydzek

Die weiteren Büsten rechts von Luise Henriette stellen (im Uhrzeigersinn) weitere Familienmitglieder dar: ihren Onkel Prinz Philipp Wilhelm (1554-1618), ihren Bruder Prinz Wilhelm II. und seine Frau Maria Henrietta Stuart (1631-1660), ihre Mutter Amalie zu Solms-Braunsfels (1602-1675), den Onkel Prinz Moritz (1567-1625) und schließlich ihren Vater Prinz Friedrich Heinrich (1585-1647).  

Als Statthalter der Republik der Vereinigten Niederlande übten die Fürsten von Oranien-Nassau eine königsgleiche Macht aus. Sie waren die Stellvertreter der Ständeversammlungen in den einzelnen Provinzen oder der Republik, der Generalstaaten, sowie Führer der Armee und Flotte. Ihren politischen Einfluss inszenierten sie mit den Mitteln der Repräsentation und des Zeremoniells. Besonders Amalie von Solms-Braunsfels betrieb eine auf europäischen Familienbande zielende Heiratspolitik für ihre Kinder. Als Witwe des Prinzen Friedrich Heinrich wirkte sie politisch im Sinne der Machterhaltung der Oranier und einer Erbstatthalterschaft. Aber auch als bedeutende Kunstmäzenin trat sie in Erscheinung und beschäftigte beispielsweise ab 1641 den wallonischen Bildhauer François Dieussart (1600-1661). Bei ihm gab sie 1646/47 ganzfigurige Standbilder der vier Oranierprinzen (statt Philipp Wilhelm das des Vaters Wilhelm I.) in Auftrag, die sie im Schloss Huis ten Bosch bei Den Haag aufstellen ließ. Als Teil der Oranischen Erbschaft gelangten sie 1727 nach Potsdam, wo sie zunächst im Lustgarten, später im Marmorsaal des Stadtschlosses aufgestellt waren. 1945 wurden die Statuen fast vollständig zerstört. Nur einige wenige Fragmente sind in den letzten Jahren wiederaufgetaucht. 

Dieussart hatte sich in längeren Lehr- und Wanderjahren in der Bildhauerei ausgebildet, unter anderem in Rom bei seinem Landsmann François Duquesnoy (1597-1643). Anschließend verschaffte er sich an den protestantischen Fürstenhöfen Nordeuropas mit der Anfertigung von Porträts großes Ansehen. Neben London, Den Haag, Kopenhagen, Brüssel und Brügge gehörte auch Berlin zu seinen Wirkungsstätten. Bereits ab 1648 arbeitete er für Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, um 1650 ließ er sich für zwei Jahre am Berliner Hof nieder. Hier schuf er mehrere Büsten sowie 1652 ein Marmorstandbild des Großen Kurfürsten.  

Oranierrondell im Park Sansscouci │ Foto: SPSG, Jürgen Hohmuth

Die vier originalen Prinzen-Büsten im Oranierrondell sind weder signiert noch datiert. Sie entstanden wohl kurz nach den erwähnten vier Standbildern. Der Große Kurfürst kaufte sie 1652 von seinem Freund, Berater und Statthalter in Kleve, dem Prinzen Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-1679), in dessen Klever Gartenanlagen sie vorher gestanden hatten. Im Kaufvertrag wird der Name des „italienischen meister(s) Francissen Diesart (?)“ erwähnt. Wo die Bildnisse nach ihrer Erwerbung durch die Hohenzollern platziert waren, ist bislang nicht bekannt. Erst unter Friedrich II. von Preußen (1712-1786) sind sie nachweisbar. Der König ließ mit diesen Porträts und vier weiteren bereits in den Sammlungen vorhandenen Büsten um 1747/48 das programmatisch angelegte Rondell unterhalb der Bildergalerie im Östlichen Lustgarten von Sanssouci schmücken. Auf Friedrich geht also die Kombination der Bildnisse der Oranier-Prinzen mit den Porträts von Luise Henriette und Friedrich Wilhelm von Brandenburg sowie von Amalie von Solms und Maria Henrietta Stuart zurück. Die beiden letzteren gehörten wohl auch zur Oranischen Erbschaft, wobei Amalies Bildnis bereits 1855 von Eduard Stützel (um 1795-1862) kopiert wurde. Das Original ist nicht mehr vorhanden. Das Porträt von Maria Stuart wird ebenfalls Dieussart zugeschrieben. 

Die Bildnisse des brandenburgischen Kurfürstenpaares Luise Henriette und Friedrich Wilhelm entstanden in der Berliner Zeit von François Dieussart und sind mit dem Jahr 1652 datiert. Wo die beiden Werke anfangs aufgestellt waren, ist nicht bekannt. Um 1902 ersetzte man sie durch Kopien, die wiederum aufgrund ihres schlechten Zustandes deponiert wurden. Alle jetzt im Oranierrondell stehenden Büsten sind moderne, zwischen 1992 und 1998 entstandene Kopien verschiedener Bildhauer und Bildhauerinnen. Die Originale können seit 1999 im Orange-Saal des Schlosses Oranienburg, das vor allem der Frühzeit des Großen Kurfürsten und der Kurfürstin Luise Henriette sowie der späteren Zeit Friedrichs I. gewidmet ist, betrachtet werden. 

– Dr. Silke Kiesant, Kustodin der Skulpturen- und der Uhrensammlung, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten

Video-Rundgang durch den Holländischen Garten

Titelbild: Oranierrondell und Holländischer Garten im Park Sanssouci │ Foto: SPSG, PMSG, André Stiebitz