Der Potsdamer Stadtkanal

Der knapp eineinhalb Kilometer lange Potsdamer Stadtkanal wurde um 1673 als Entwässerungsgraben für das sumpfige Gelände der neuen zweiten Residenz des Großen Kurfürsten angelegt. Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ließ den Graben ab 1722 systematisch begradigen und im Stil einer holländischen Gracht gestalten. Nach niederländischem Vorbild sollte er das Gebiet für die erste barocke Stadterweiterung Potsdams trockenlegen.

Ansicht an der Yorckstraße, vor 1945 │ Foto: Bundesarchiv, Max Baur

Der Kanal wurde von der Havel gespeist und durchfloss die Potsdamer Innenstadt mit einer Gesamtlänge von 1840 Metern. Er begann im Osten am Kellertor und nahm seinen Verlauf Richtung Westen entlang der Straßen Am Kanal und Yorckstraße. An der heutigen Dortustraße knickte er nach Süden ab und floss am Wassertor wieder in die Havel. 

Die Kanalwände waren aus rotem Klinker. Insgesamt neun Brücken überquerten den Kanal. Zwischen den weißen Zugbrücken, die als Typenbauten auch in der ersten Residenzstadt Berlin errichtet wurden, bot der Kanal zusammen mit den am Ufer aufragenden rund zweihundert Linden eine stimmungsvolle Kulisse. Einige Stadtkanalbrücken waren aufwendig mit Sandsteinfiguren geschmückt. Die heutige Straße Am Kanal war zu Beginn des 18. Jahrhunderts die feinste Straße der Residenzstadt – nach dem Alten Markt: Hier wohnten Minister und hohe Beamte des Königs. 

Gefluteter Stadtkanal │ Foto: AKG-images, Willo Göpel

Der Kanal diente nicht nur der Entwässerung und der Regulierung des Grundwasserspiegels, was wegen der hölzernen Pfahlgründungen der Potsdamer Bauten von immenser Wichtigkeit war. Auch als Transport- und Handelsweg war er von großer Bedeutung. So fand seit der Zeit Friedrichs des Großen am Wilhelmplatz, dem heutigen Platz der Einheit, der Fischmarkt statt. Der König hatte den Markt verlegt, nachdem er den Geruch unter seinem Arbeitszimmerfenster am heutigen Otto-Braun-Platz nicht mehr ertragen konnte. Friedrich ließ zudem die Holzbrücken mit Sandstein erneuern und teilweise mit aufwendigen Skulpturen schmücken. Die Figuren der Breiten Brücke sind noch erhalten. Am Havelzufluss und an der Mündung in die Havel wurden im 18. Jahrhundert repräsentative Stadttore errichtet. Der Kanal wurde nach dem Zweiten Weltkrieg auf Beschluss des Rats der Stadt zugeschüttet und sollte Anfang der 1970er Jahre als Hauptverkehrsachse für eine Havelquerung dienen. 

Der Wasserweg ist heute ein eingetragenes Baudenkmal und auf zwei Abschnitten, an der Yorckstraße und am Kellertor, wieder freigelegt und saniert worden. Er gilt nach dem Holländischen Viertel als wichtigstes Zeugnis der niederländischen Zuwandererkultur in Potsdam. 

– Willo Göpel, Vorsitzender des Bauvereins Potsdamer Stadtkanal von 1722 e.V.

Dieser Beitrag stammt aus dem Stadtrundgang „Holland in Potsdam“, der anlässlich der Ausstellung „Wolken und Licht. Impressionismus in Holland“ (8.7.– 22.10.2023) konzipiert wurde und zu 20 verschiedenen Orten in Potsdam mit niederländischem Bezug führt. Der Stadtrundgang steht wie seine Vorgänger-Projekte „Italien in Potsdam“ und „Frankreich in Potsdam“ als kostenfreie Audiotour auf der Barberini App dauerhaft zur Verfügung und wird im Laufe des Jahres 2023 zudem als „Kleiner Kunstführer“ in der Reihe der Publikationen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten veröffentlicht.

Titelbild: Beginn des rekonstruierten Stadtkanals am Kellertor mit Zoll- und Wachgebäude │ Foto: Willo Göpel