Der Hofgärtner Heydert

Das große Wohnhaus und der Garten vor dem Nauener Tor war bis ins 20. Jahrhundert Wohnsitz und beruflicher Lebensmittelpunkt der Gärtnerfamilie Heydert. Erworben hatte es der Oberhofgärtner Joachim Ludwig Heydert, der 1756 von Holland nach Potsdam gekommen war. Schon acht Jahre nach seinem Umzug sah sich Heydert finanziell in der Lage, das große Vorstadthaus für 2500 Friedrichsdor zu erwerben. Dort baute er eine private Baumschule und Handelsgärtnerei auf, die seinen Wohlstand in den nächsten Jahren weiter vergrößern sollte. 

Heyderts beruflicher Start in Potsdam schien anfangs schwierig, denn bei seiner Ankunft begann der siebenjährige Krieg. Mangels Aufträge und Einkünfte fasste er sogar die Rückkehr nach Holland ins Auge. Aber gegen Ende des Krieges erhielt Heydert von den Berliner Bankiers Veitel Heine Ephraim und Daniel Itzig lukrative Aufträge, die ihm offenbar auch die Mittel für seinen Hauskauf in Potsdam verschafften. Ein zweites Wohnhaus innerhalb der Stadtmauern hatte Heydert im gleichen Jahr als königliche Belohnung für seine erste Auftragsarbeit für Friedrich II. erhalten. Das mehrgeschossige Wohnhaus Lindenstraße 43 war als sogenanntes „Freihaus“ von Einquartierungspflichten befreit. Es wurde von Heydert aber weniger genutzt und nach einigen Jahren zum Teil vermietet. 

Heyderts erste Auftragsarbeit für den König war die Anlage eines Gartens in Sanssouci, wie ihn der König im holländischen Tulpenburg gesehen hatte. Der heute nicht mehr erhaltene Garten in Tulpenburg zeichnete sich durch dekorative Grottierarbeiten an Brunnenbecken, Terrassenmauern und Gartenbauten aus. Heydert war dort für Pflege und Unterhalt des aus Konchylien (Muscheln, Schneckengehäuse und Korallen), Mineralien und Glasperlen bestehenden Grottierwerks verantwortlich gewesen und hatte sich entsprechende Kenntnisse angeeignet. Dies versetzte ihn in die Lage, eigene Grottierarbeiten zu schaffen. In Sanssouci legte Heydert zwischen der neuen Bildergalerie und dem Oranierrondell einen Garten im holländischen Fußmaß an, der ein holländisches Lindenberceaux, einen Korallengarten und eine grottierte Terrassenmauer erhielt (siehe dazu den Blogbeitrag von Susannne Evers). 

Villa Heydert, Potsdam │ Foto: SPSG, Birgit Morgenroth

Als Oberhofgärtner blieb Heydert zeitlebens für die Pflege seines „Holländischen Gartens“ verantwortlich. Zu den weiteren Aufgaben des „holländischen Gärtners“ – so eine zeitgenössische (Ehren) Bezeichnung – zählte die Pflanzung und Pflege des Lustgartens am Potsdamer Stadtschloss sowie der königlichen Plantagen und Alleen in der Stadt. Der König bevorzugte hierfür Holländische Linden, die bis dahin aus Holland importiert wurden. Auf Heyderts Anraten wurden private Baumschulen gegründet, um den Pflanzenbedarf der königlichen Gartenreviere ohne teure Importe decken zu können. In Folge verkauften einige Hofgärtner – so auch Heydert – Pflanzen aus ihrer privaten Baumschule oder Gärtnerei an sich selbst in ihrer Funktion als Hofgärtner. 

Heyderts private „Blumisterei“ belieferte die Gartenreviere mit Hyazinthen, Narzissen, Ranunkeln und großen Mengen Tulpenzwiebeln zur Beetbepflanzung. Die Potsdamer Tulpen stammten nicht aus Amsterdam, sondern zumeist aus Heyderts Gärtnerei. An die königlichen Obstbaumreviere lieferte Heyderts Baumschule vorkultivierte Obstbäume, außerdem versorgte er die Hofküche mit Tafelobst. Dazu zählten in Potsdam auch die Früchte des „Oranje booms“. Heydert war zwar nicht für die Orangerien zuständig, wurde aber vom König mit dem Ankauf neuer Orangenbäume beauftragt. Hervorgetan hatte sich Heydert mit der Anzucht von Ananas. Mit der Leitung der neuen Ananastreiberei von Sanssouci wurde aber nicht er, sondern sein aus Holland übergesiedelter Neffe betraut. 

Heyderts Neffe Conrad Pleymert war auf Wunsch von Heyderts erster Ehefrau nach Potsdam gekommen. Das nach dem frühen Tod einer Tochter kinderlose Ehepaar hatte Pleymerts Schulausbildung, Gärtnerlehre und Reisen zur Weiterbildung finanziert, um ihn als Nachfolger aufzubauen. Beim Ananasrevier hinter dem Grünen Gitter bezog der Neffe ein stattliches Wohnhaus, das heute noch Ananashaus genannt wird. Pleymerts weiterer Aufstieg wurde durch den Tod Friedrichs II. verhindert, da der neue König Friedrich Wilhelm II. andere Günstlinge hatte, die zu versorgen waren. 

Gegen den dringenden Rat seines Neffen hatte Heydert nach dem Tod der ersten Ehefrau 1777 in zweiter Ehe seine in Amsterdam lebende Nichte Katharina Pleymert geheiratet. Ihre erste Ehe war geschieden und die Ehe mit Heydert drohte ebenfalls an ihrer „Trunk- und Zanksucht“ zu scheitern. Doch die Ehe hielt, blieb aber ebenfalls kinderlos. Drei Monate nach ihrem Tod heiratete Heydert noch ein drittes Mal. Die Trauung mit der 27jährigen Maria Dorothee Elisabeth Dames aus Wustermark erfolgte 1787 in Heyderts Wohnhaus. Nach sieben Jahren „vergnügter Ehe“, so Heyderts eigene Worte, verstarb er 1794 in Potsdam. Seine dritte Ehefrau hatte dem über Siebzigjährigen zwei Söhne geboren: Martin Ludwig (1788) und Johann Friedrich (1791). Sie traten Heyderts Erbe an. 

Joachim Ludwig vererbte ein großes Barvermögen in Friedrichsdor, Silberzeug, Juwelen, Medaillen, mathematische Instrumente, eine Bibliothek und eine kostbare Konchyliensammlung, deren Wert auf 6000 Taler taxiert wurde. Das Stadthaus in der Lindenstrasse 43 wurde 1822 verkauft, die Gärtnerei am Nauener Tor vom älteren Sohn weitergeführt. Das Vorstadthaus ließ König Friedrich Wilhelm IV. zur Verschönerung der Nauener Vorstadt 1854 im italianisierenden Villenstil umbauen. Haus und Gärtnerei am Nauener Tor blieben aber bis 1921 weiter im Besitz der Heydertschen Erben. Danach wurde das Anwesen, seither als „Thiemannhaus“ bekannt, von den neuen Besitzern mit zahlreichen Kunstwerken ausgestattet. Die alten Gewächshäuser sind seither verschwunden. Ein 1901 von Bertha Heydert (geb. Wickler) errichtete Blumenverkaufspavillon an der Straße und ein alter Apfelbaum im Garten erinnern dort noch an das Erbe des „holländischen Gärtners“ in Potsdam. 

– Stefan Gehlen, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Titelbild: Front der Villa Heydert, Potsdam │ Foto: SPSG, Birgit Morgenroth