Dirck Langelaer. Planteur und Hofgärtner
Die Erhebung Potsdams zur Residenz durch den Kurfürsten Friedrich Wilhelm und dem damit einhergehenden Neubau des Potsdamer Stadtschlosses läutete umfassende Baumaßnahmen zum Zweck der Landesverschönerung ein. Um das Schloss im Mittelpunkt sollte eine weitläufige Kulturlandschaft entstehen, welche durch Alleen, Blickachsen und Kanäle strukturiert werden sollte.
Unterstützung erhielt der Kurfürst durch seinen Vertrauten Fürst Johann Moritz von Nassau-Siegen, Statthalter in Kleve. Dieser ließ rund um seine Residenz eine weitläufige Gartenlandschaft anlegen. Durch ein Netz von Wegen und Sichtbezügen strukturierte er die Umgebung und schuf dadurch eine für das 17. Jahrhundert einzigartige Parklandschaft. Ähnliches sollte auch in der neuen Potsdamer Residenz geschaffen werden und so schrieb er im August 1664 an den Kurfürsten: „daß gantze Eylandt mus ein paradis werden.“
Erste Bemühungen um die Schöpfung einer solchen Kulturlandschaft kann man anhand des in den 1680er entstandenen Atlas‘ von Samuel von Suchodoletz ablesen. Das Einzelblatt „Ichonographia oder Eigentlicher Grundriß der Churfürstlichen Herrschaft Potsdamb“ zeigt einen schnurgeraden Straßenzug, der vom Stadtschlosses gen Osten führte. Diese „Allee gegen Pannenberg“ führte auf einem Damm über die Neustädter Havelbucht weiter auf eine Anhöhe, auf der sich als Point de vue eine große Eiche befand. Von dieser Allee zweigte jenseits des Stadtkanals die „Allee gegen Eichberg“ ab, deren vier Baureihen ebenfalls auf den heutigen Pfingstberg führten. Diese Straßenachse ist im Grunde noch heute in der Lindenstraße und der Jägerallee erhalten. Von diesen Alleen sind heute nur noch wenige Bäume aus Erstbestand an der Jägerallee erhalten.
Samuel von Suchodoletz: Ichonographia oder Eigentlicher Grundriß der Churfürstlichen Herrschaft Potsdamb │ Foto: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz
Samuel von Suchodoletz: Eigentlicher Grund-Riß des Churfürstlichen Dorffs und Lust-Gartens Bornheim │ Foto: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz
Angelegt wurden die Straßen 1668 von dem Holländer Dirck van Langelaer. Die Kunst des Gartenbaus war in der Mark Brandenburg des 17. Jahrhunderts weniger weit entwickelt als in den westlichen Nachbarländern und so holte der Kurfürst neben der Inspiration auch die Fachkräfte nach Potsdam. Langelaer, der aus der Provinz Utrecht stammte, wurde in eine Hofgärtnerfamilie, die im Dienst der Oranier stand, geboren. Er erlernte das Gärtnerhandwerk in den Niederlanden, bevor er nach Potsdam kam, wo seine Anwesenheit ab 1665 in einem Bornimer Kirchenbuch belegt ist, um ebendort die Aufsicht über die neuentstehende kurfürstliche Gartenanlage zu übernehmen. Bornim sollte als Musterwirtschaft ein Beispiel für die Idealbewirtschaftung im Kurfürstentum Brandenburg werden, denn die Kulturlandschaft rund um Potsdam sollte nicht nur der Zierde, sondern auch der Versorgung dienen. Wer den Plan des Gartens entworfen hat, ist nicht bekannt, jedoch hat Langelaer als Hofgärtner und Planteur – eine Stellung, in welcher er vorrangig für den Erhalt und die Pflege der Bäume verantwortlich war – die Anlage zeit seines Lebens betreut und angelegt.
Ein weiterer Plan des Suchodoletzschen Atlas‘ gibt Aufschluss über die Gestaltung des Gartens: Die rechteckige Anlage, die von einem Wassergraben umgeben und nur über Brücken zu erreichen war, war sowohl Nutz- als auch Ziergarten. Innerhalb des orthogonalen Rastersystems befanden sich Beete zum Gemüsebau, Broderieparterres und Brunnenanlagen. Eine nach dem Tode Langelaers aufgenommene Inventarliste vermittelt einen Eindruck von dem Bestand und der reichen Artenvielfalt des Bornimer Gartens. Neben regionaltypischen Obstsorten wie Äpfeln, Birnen und Aprikosen wuchsen dort auch Obstbäume aus Italien, Frankreich und Holland. Darüber hinaus gab es Mandel- und Walnussbäume und für die stete Versorgung mit jungen Pflanzen sorgte die Baumschule. In Glasgefäßen wurden Melonen gezüchtet und Blumentöpfe zierten die Beete und Wege der Anlage. 1678 wurde der Garten um einen kleinen Schlossbau erweitert. Schloss Bornim, welches als Ausflugsziel, nicht aber als Wohnort diente, war dreiseitig von einem Bassin mit kunstvollen Wasserspielen umgeben. Abseits des Schlosses gab es Karpfenteiche, Springbrunnen und weitere Wasserspiele wie eine Wasserorgel. Der italienische Historiker Gregorio Leti schrieb nach seinem Besuch 1686, das Bornim „in Wahrheit den Namen eines Lustschlosses verdient, denn man wird dort alles sehen was nur irgend vergnügen und befriedigen kann. Sein Garten ist in der That ergötzlich, nicht allein wegen seiner Spalire, Haine, Laubberceaux, sondern wegen seiner verschiedenen Wasserspiele.“1 Eine Quelle entsprang unweit des Parks und damit das Wasser ablaufen konnte, wurde parallel zum Schlossbau der noch heute existente Tiroler Graben ausgehoben. Dieser erlaubte darüber hinaus, den Bornimer Garten von Potsdam auf dem Wasserweg zu erreichen.
Kurfürst Friedrich Wilhelm muss seinen Bornimer Hofgärtner sehr geschätzt haben. Nicht nur schenkte er ihm ein Grundstück im Zentrum Potsdams, sondern übernahm zusammen mit seiner Frau Dorothea die Patenschaft für drei der neun Kinder, die alle im Potsdamer Schloss getauft wurden. Die weiteren Taufpaten geben einen Eindruck über das soziale Umfeld der Hofgärtnerfamilie. Als Teil der reformierten Gemeinde Potsdams hatten sie enge Beziehungen zu den vielen Künstlern und Handwerken, die wie einst Langelaer aus den Niederlanden nach Potsdam geholt worden waren. Trotz des offerierten Grundstücks verbrachten sie ihr Leben in Bornim. Dort rief der bereits schwerkranke Langelaer 1713 den Bornimer Pfarrer zu sich. Dieser notierte später: Er „begehrte von mir, dass mit ihm bethen und ihn sonst bey guten gedancken erhalte wollte.“2 Wenige Tage später wurde in der alten Bornimer Kirche bestattet. Nach seinem Tode und dem des Königs Friedrichs I., der wie sein Vater die Anlage in gutem Zustand erhielt, pachtete zunächst Langelaers Sohn das Gut. Ohne die königliche Unterstützung verschlechterte sich jedoch der Zustand der Anlage zusehends mehr, sodass es 1756 unter Friedrich II. abgetragen wurde. Heute sind von dem Garten, der sich zwischen der Hecken- und der Mitschurinstraße befunden hat, kaum noch Spuren erhalten.
– Leonie Schmidt, Museum Barberini
1 Hoeftmann, Inge und Noack, Waltraud: Potsdam in Alten und Neuen Reisebeschreibungen. Düsseldorf 1992, 35
2 Broschke, Klaus: Das Lustschloss Bornim und seine Gartenanlage. Mit Beiträgen von Clemens Alexander Wimmer, Potsdam – Bornim, 50.
Titelbild: Jean Baptiste Broebes: Schloss und Garten Bornim, Potsdam Museum │ Foto: Potsdam Museum, Michael Lüder